Das Okanagan Valley. „Wo bist Du da genau, Elena?“ Drei Wochen sind auf meiner Reise im Westen Kanadas rund um Vancouver, Vancouver Island sowie Seattle bereits vergangen, als ich herzklopfend am Flughafen von Vancouver stehe. Zum einen gilt es, meine liebe Freundin und Reisegefährtin Janett zu verabschieden, die eine Weile gemeinsam mit mir gereist ist und jetzt ihren Rückflug nach Deutschland antritt. Zum anderen gilt es, die nächste Reisedestination in British Columbia, das sogenannte Okanagan Wine Valley rund vier Fahrtstunden von Vancouver entfernt aufzusuchen.
Am Flughafen jedoch lautet dann plötzlich die unerwartete wie ernüchternde Antwort: „Es tut mir leid, liebe Frau Paschinger, aber wir haben keinen einzigen Mietwagen mehr für Sie verfügbar.“
Im guten Gedanken, an einem ruhigen, x-beliebigen Dienstag-Vormittag am Flughafen von Vancouver doch bestimmt ein Auto zu bekommen, starre ich nun auf mein Handy, während mein Hirn fieberhaft nach Alternativen sucht. Ich muss doch unbedingt noch in die Weinregion! „Tatsächlich haben wir einen Flug nach Kenowla, der geht jetzt um drei und hat zudem ein bisschen Verspätung, das klappt also alles noch wunderbar.“ Mein Held am Ticketschalter von Air Canada, der mir selbiges lächelnd um zehn nach zwei zuzwinkert. Alle völlig entspannt, die Kanadier hier! Und so kommt es, dass ich anstatt in das Okanagan Valley zu fahren, einfach fliege.
Noch nie im Leben habe ich einen Flug binnen 50 Minuten Abflugzeit gekauft und unternommen. Aufregend, aber gleichzeitig auch irgendwie völlig normal, so.
„Wenn Du kein Auto bekommst, heißt das nur, dass Dir gleich noch etwas Besseres passieren wird …“, schreibt mir mein lieber Marc noch zuversichtlich, als ich unruhig Alternativen durchgehe. Wie so oft hat er recht. Nun denn …

… bevor wir gut eine Stunde später auch schon in Kelowna landen: Schon der Blick aus dem Flugzeug zeigt die klimatisch deutlich anders geprägte Region, in der Wein- und Obstbau florieren: Genau aus diesem Grund bin ich #winelover auch hier!
Meine 24 Stunden in Kelowna: Wo es sich am besten Bier, Wein & Kaffee genießen lässt.
Wie also am besten so eine ganz spontan unternommene Weinreise organisieren, werdet Ihr Euch fragen? Meine Antworten lauten: Interessen googeln (Weintouren im Okanagan), Unterkunft über eine Handy-App buchen, die örtliche Tourismusinfo @TourismKelowna „anzwitschern“ und auf Twitter nach aktuellen Tips & Ideen für den unmittelbaren Besuch in der Stadt fragen. Einfach, oder? Vor allem in solch einer gut vernetzten, modernen Weindestination wie dem Okanagan Valley hier in British Columbia.

Wem’s beliebt: Die SameSun Kelowna Lodge bietet Einfach- und Mehrbettzimmer sowie gratis Frühstück & WiFi an. Ein schöner Ort, um weitere internationale Reisende zu treffen!

Gleich daneben liegt der Yachthafen der Stadt, und vor ihm eines der in Kanada schon öfter erspähten „Free Street Pianos“ …

… wenn Ihr auf der Suche nach einem Lokaltipp seid, dann besucht das Kekuli First Nation Café in Westbank nahe Kelowna: Deren „Breakfast Bannock“ (ein traditionell gebackenes Brot) ist einfach köstlich! Vielen Dank für den schönen Besuch bei Euch, liebe Sharon.

Schon wenig später heißt es „Hand anlegen“ und mehr über die Vorzüge, Geschichte & Entwicklung der internationalen Weindestination Okanagan Valley erfahren, die gut 270 Weingüter von insgesamt 300 in British Columbia beheimatet (Foto: Sandhill Winery) …

… hier erklärt mir Winzer Jonathan Tischer die Lage sämtlicher Weingärten der Sandhill Winery, die insgesamt 240 Hektar Rebfläche bewirtschaften …

… und ganz viele verschiedene Weine und Verkostungsnoten ergeben: Hier beispielsweise Viognier, Gamay (Beaujolais), Barbera (eine ursprünglich italienische Rebsorte) oder auch „Sovereign Opal“, ein Cuvée aus Muscat und Marechal Foch Rebsorten. All das klingt (und schmeckt) erst einmal ganz, äh, neu und ungewohnt für mich als klassisch-österreichische Weinliebhaberin!

Für Bierfans kann ich die Tree Brewing Company in Kelowna empfehlen, welche zur Happy Hour eine Craft Beer Verkostung inklusive kleiner, dazu passender Häppchen um nur $12 anbieten. Lecker!
Alles in allem bauen die oben genannten, rund 270 Weingüter im Okanagan Valley 86 (!) verschiedene Rot- und Weißweinsorten auf einer Fläche von ca. 4.500 Hektar an. Nur ganz wenig davon ist international bekannt, denn die allermeisten Weine werden lokal konsumiert bzw. maximal innerhalb Kanadas „exportiert“. Dabei ist spannend, dass solch unterschiedliche und gleichzeitig extreme Mikroklimas zusammen kommen und der Weinregion auf ihrer 160 Kilometer Nord-Süd-Achse ihre ganz bestimmte Note verleihen: Zum einen ist da der Einfluss der gewaltigen Rocky Mountains mit ihren kühlen Luftströmen, Seen & Flüssen im Norden, zum anderen reicht die Halbwüste der Sonora Desert aus den USA im Süden bis hinauf in das Okanagan.
Echt spannend, das Ganze! Nur eine Stunde Flugzeit östlich von Vancouver liegt am Breitengrad 50° Nord eine solch blühende Weinregion: Arktischer Winter & glühend heiße Wüste im Sommer machen es eben aus.
Tatsächlich gedeiht Wein im sandigen Vulkangestein hier außerordentlich gut. Die charmante Lyse Collins erklärt uns mit ihren „Winelicious Tours“, warum wir dazu in die örtlichen Weinbaugebiete Naramata Bench und Summerland fahren müssen.
Lyse ist eine von diesen Menschen, die wie eine alte Freundin ist, die man gerade erst kennen lernt. Im Handumdrehen schafft sie eine gemütliche, herzliche Atmosphäre und bemüht sich, auf jeden Gast einzeln einzugehen. Daher sind bei ihr auch keine Weintour-Gruppen größer als fünf oder sechs Personen. Wir können uns also alle Zeit lassen, uns näher mit den Winzerfamilien unterhalten, die wir besuchen, und wirklich einiges über die Qualitätsweinproduktion vor Ort lernen.

… die uns zunächst zum Weingut 1775 in der Region Naramata Bench fährt, ein Weinbaugebiet in dem heute der Hektar mehr wert ist als im relativ nahe gelegenen Napa Valley (!) …

Ob Ihr’s glaubt oder nicht: Der kanadische Ahorn-Wein verkauft sich gut, auch Eiswein wird stark nachgefragt …

… bei den „großen Roten“ am Weingut Van Westen, deren Betreiber ursprünglich aus den Niederlanden stammen und hier vor Jahren mit Obstbau begonnen haben …

Am Nachmittag stellt uns Lyse noch das Weingut Ruby Blues vor, bei dem die Weintrauben im Weingarten mit 60er Jahre Musik beschallt werden …

… denn hier hat sich Alois, ursprünglich Wurstfabrikant aus Deutschland, auf die Vergärung erstklassigen Balsamico-Essigs spezialisiert: Seine Essige stehen den unsrigen in Qualität und Geschmack um nichts nach! Wow: Gratuliere Dir, lieber Alois!

Qualität wird hier im Okanagan überhaupt groß geschrieben, vor allem seit das NAFTA Freihandelsabkommen mit den USA und Mexiko besteht und kanadische Produzenten aufgrund des internationalen Marktes zu mehr Qualität „zwingt“. Dafür gibt es heute auch Preisverleihungen wie: „Bester Pinot Noir für unter $25“! Okanagan: Ich mag Dich.

Solltet Ihr Hunger verspüren, so ist “The Bench Market” in Penticton eine klassisch-beliebte Adresse für gute Häppchen und noch mal so guten Kaffee!
Grape Escapes Tours & Wine School: Zu guter Letzt erkunden wir das südliche Ende des Weinbaugebietes in den Okanagan Falls.
Die zweite meiner #winelover Touren im Okanagan Valley ist eine Privat-Tour mit Dino von „Grape Escapes Tours & Wine School„. Kurz nachdem er mich von meiner Unterkunft in Penticton abgeholt hat, fahren wir auch schon zum lokalen Besucherzentrum, in dem er seine Besucher stets über Geschmack und Herkunft der lokalen Weine „schult“. Von November bis März, während der Nebensaison, bietet er mit seinem Unternehmen auch die Möglichkeit, an Kursen wie der „sensory wine evaluation“ oder den „wine & food pairing courses“ teilzunehmen. Da wäre ich ja gleich dabei!
„Das Okanagan“, erklärt mir Dino mit ruhiger Stimme, „bedeutet ursprünglich ‚Talboden‘ in der Sprache der Ureinwohner Kanadas. Schon diese mussten um die ausgezeichneten Bodenverhältnisse Bescheid gewusst haben. Und dennoch hat sich das Okanagan noch nicht zu sehr entwickelt, immer noch finden wir einige gemütliche, verschlafene kleine Ortschaften mit viel Herz und Lokalkolorit hier zwischen Penticton and Osoyoos.“ Ich mag‘ es hier nach wie vor zu leben, scheint er seinen Ausführungen hinzuzufügen. Und erzählt mir weiter: „Dank Grape Escapes lebe ich zwei meiner drei großen Leidenschaften: Interessierten Menschen wie Dir das Okanagan näher zu bringen. Unsere Leidenschaft und Begeisterung für Wein zu vermitteln. Im Winter reise ich dann selbst in die Karibik, um meiner dritten großen Leidenschaft, dem Kitesurfing zu frönen.“ Jetzt lachen wir beide. Wieder so eine typische (kanadische?) Geschichte vom Arbeiten, um zu leben, nicht leben, um zu arbeiten. Das haben sich die Kanadier übrigens überall ganz gut so gerichtet, vor allem aber wie mir scheint hier im Okanagan …

… wo das Thema Wein, neben viel harter Arbeit, auch ein überaus cooles und hoch angesehenes Lifestyle Produkt geworden ist …

… bei dem Kreativität, Vielfalt und die Freiheit, stets Neues auszuprobieren, an der Tagesordnung stehen …

… und ganz herzliche, offen zur Schau gestellte Gefühle der Verbundenheit und Freundschaft gelebt werden: Vielen Dank, lieber Dino, dass Du mich zur Nighthawk Winery und ihren köstlichen Gewürztraminern „entführt“ hast!

Und wenn wir schon vom Gewürztraminer sprechen: Hier seht Ihr mit gut 30 Hektar den größten Weingarten an Gewürztraminer-Trauben im gesamten Okanagan Wine Valley …

… zum Beispiel bei der Wild Goose Winery : Gewürztraminer und Riesling werden hier schon seit 1983 (meinem Geburtsjahr!) angebaut und kultiviert.

Zum Mittagessen haben wir es doch tatsächlich geschafft, den bereits über viele Ecken bekannten, professionellen Kanada-Reisejournalisten Ole Helmhausen zu treffen, der ebenfalls gerade in der Gegend unterwegs ist und den ich, so es der Zufall weiter will, auch noch später in Montreal wiedersehen werde. Herrlich.

… ist der letzte in einer langen Reihe #Genussreisetipps für Euch: Winzer John Skinner versucht hier sein „Terroir BC“ durchzusetzen und damit noch höhere Qualitätsstandards als die der VQA Vintner’s Quality Alliance von British Columbia einzuhalten.

Zu guter Letzt klingen Dino und ich den Tag mit diesem charmanten Paar aus: Annette & Jörg aus Deutschland, die sich mit ihrer Maple Leaf Destillerie einen ebenso stolzen wie herzlichen Namen für Qualitätsdestillate aus regionalen Produkten gemacht haben. Dazu zählt natürlich auch Ahornsirup, aber auch Marillen- oder klassischer Traubenlikör. Herrlich.
Und Ihr, wann habt Ihr vor, das Okanagan Wine Valley zu besuchen?
Dazu habe ich nachfolgendes Reisevideo produziert, welches Euch mit auf meine Reiseabenteuer durch West-Kanada nimmt und Euch die Augen öffnet für die Schönheiten von Vancouver bis weit über die Rocky Mountains hinaus. Ton & Lächeln nicht vergessen! 🙂
[su_youtube url=“https://youtu.be/ZKLOJo81x-Q“ width=“800″]
Hinweis: Ich wurde von Winelicious Tours & Grape Escapes zur Erkundung des Okanagan Wine Valley eingeladen. Alle Meinungen sind meine eigenen.
4 Kommentare
Ach, toll, da möchte ich am Liebsten sofort zurück! Mir gefiel es etwas weiter im Süden bei Penticton übrigens besser als in Kelowna – die „funky“ Ruby Blues Winery kann ich nur empfehlen, und das tolle B&B God’s Mountain Estate über dem Skaha Lake. Da gab es sogar ein Zimmer ohne Dach! Dafür mit Himmelbett. Ich wünsch dir noch eine tolle Reise!
Liebe Susi,
Vielen vielen Dank für Deine schönen Worte, ich freue mich dass es auch Dir im Okanagan so gut gefallen hat. Meine Favoriten waren auch eindeutig Okanagan Falls & Naramata Bench Regions, obwohl es natürlich noch viel mehr zu entdecken gibt. Dein B&B Tip klingt toll aber ein Zimmer ohne Dach? 😉 Das muss ich mir dann wohl persönlich ansehen kommen.
Danke Dir und bis bald,
schönen Gruß aus Kanada,
Elena
Sehr schöner Reisebericht. In Kanada gibt es einige herausragende Eisweine und Iced Cider und Apple Wines.
Ahornwein klingt sehr interessant, hat möglicherweise ein bisschen was von Honigwein, könnte ich mir vorstellen. War wunderbar zu lesen, danke.
https://hindberryfruchtwein.wordpress.com/wine-tastings-for-tourists-travelers-austria/
Danke Michael!
Was für eine Art Fruchtwein bietet Ihr selbst an? Einen Trip nach Kanada kann ich Dir natürlich wärmstens empfehlen, besonders im Okanagan Valley würde es Dir sicherlich gefallen. Ich freue mich auch schon, wenn wir wieder reisen dürfen!
Ganz liebe Grüße,
Elena