Liebe Janett! Heute möchten wir gerne von Dir wissen, wie Du selbst Dein Berufsbild des „Digital Influencer“ zeichnest. Was gehört für Dich zum „ganz normalen Alltag“, wie sehr erlebst Du Dich & Deine Community beim Reisen, wohin darf und wird der Weg Dich führen?
Wir sind gespannt auf Deine Antworten! Los geht’s 🙂
Als professionelle Reisebloggerin bei www.teilzeitreisender.de : Was verstehst Du selbst unter dem neuen Berufsbild des „Digital Influencer“? Welche Erfolgsfaktoren zählst Du hier dazu, und wie sieht der Weg dorthin aus?
Berufsbild? Den Begriff finde ich ein wenig weit hergeholt. „Influencer“ zu sein, kann man meines Erachtens nicht lernen. Ein Influencer wird man, wenn man die richtigen digitalen Inhalte den passenden Zielgruppen präsentiert. Hierbei zählt nicht unbedingt die Masse der Leser, sondern die Relevanz.
Es gibt gleich mehrere Erfolgsfaktoren. Einer davon ist Authentizität: Sei du selbst, und mach, was dir Spaß macht. Stilisiere Bilder nicht bis zur Unkenntlichkeit schön – auch wenn Dir zahlreiche Instagram-Ratgeber den Tipp geben – es ist halt nicht die Wirklichkeit. Ein anderer Erfolgsfaktor ist die Geduld. Diejenigen, die mittlerweile als Influencer bekannt sind, haben Rom (sprich ihren Blog) eben nicht an einem Tag erbaut. Passender Content entsteht nicht in einer Woche, das braucht Jahre. Und der dritte, wichtige Erfolgsfaktor ist Vernetzung. Ohne Kontakte, da ist auch die Reiseblogger-Szene nicht anders, wird es sehr schwer, die passende Zielgruppe für sich zu begeistern.
Wer neu hinzukommt, sollte sich nicht das Ziel setzen: „Ich will Geld verdienen“ oder „Ich will unbedingt kostenlos nach Haiti reisen“. Das Ziel sollte vielmehr heißen: Welches Thema fehlt dem Reisemarkt denn noch?
Dein bislang erfolgreichstes Projekt als Unternehmerin „Teilzeitreisender“? Woran misst Du diesen Erfolg? Nenne uns gerne ein bis zwei konkrete Beispiele.
Woran kann man Erfolg messen? Zum einen ist da die Reichweite, die sicherlich auch für Kooperationspartner sehr wichtig ist. Ich bin längst nicht eine der ganz Großen, aber die Zugriffszahlen auf meinen Blog und vor allem auf konkrete Themen steigen stetig. Wir sind mittlerweile bei fast 20.000 Zugriffen im Monat, eine Zahl, die ich oft so gar nicht realisieren kann. Auch auf den sozialen Netzwerken läuft es gut. Mein Teilzeitreisender-Team und ich setzen auf natürliches Wachstum. Das bedeutet zwar keine Zahlen jenseits der 10.000 Follower, dafür sind diejenigen, die uns folgen, aber echte, mit uns gewachsene Personen!
Erfolg kann ich auch an einer weiteren Sache feststellen: Der Name „Teilzeitreisender.de“ ist bekannt. Sei es bei Kooperationspartnern, bei der Presse (Einladungen vom WDR und Deutschlandfunk) oder auch bei Personen, die mich auf der Straße oder im Privatleben auf das Blogprojekt angesprochen haben. Auch Google findet uns gut. „Silvester mal anders“ wird jedes Jahr zwischen 8.000 und 10.000 mal aufgerufen, und ich weiß immer, wenn es in Barcelona regnet – denn unser Bericht dazu rankt ganz gut. 😀
Warum gehst Du selbst (noch) auf Reisemessen, Konferenzen, etc.? Welche Kriterien sind hier für Dich ausschlaggebend?
Ich würde gerne viel mehr auf Messen, Konferenzen und Barcamps gehen. Leider kommt das für mich als Teilzeitbloggerin häufig zeitlich nicht hin. Die Reisemesse ITB ist ein Muss – auch um wichtige Partner zu besuchen und neue Kooperationen auszuarbeiten. Das Wichtigste an solchen Treffen ist jedoch der Austausch. Insofern bin ich sehr glücklich darüber, dass ich seit 2016 gemeinsam mit Anja von Travelontoast.de das Reisebloggertreffen betreue. Hier lerne ich nicht nur ständig Neues zum Thema Bloggen, sondern pflege vor allem den Austausch mit anderen Bloggern, die ich kenne und schätze.
Du bloggst jetzt seit mehreren Jahren und bist ein Profi im Geschäft des „Digital (Travel) News Sharing“ geworden. Wohin soll die Reise Deines Einflussbereiches künftig gehen? Welche Geschäftsfelder möchtest Du Dir noch erarbeiten und / oder weiter ausbauen?
Ich habe viele (wenn nicht sogar zu viele) Ideen für „Teilzeitreisender.de“. In diesem Jahr werde ich mich ein wenig abseits meiner sonstigen Pfade auf gleich zwei Fernreisen begeben. Der Schwerpunkt jedoch soll natürlich auch weiterhin auf Kurzreisezielen liegen. Nordamerika liegt mir jedoch sehr am Herzen: Meine Serie „36 Stunden in …“ wird in diesem Jahr noch um New Orleans, New York und Vancouver ausgebaut.
Einen weiteren Schwerpunkt legen wir in Zukunft auch auf die Vorstellung von Touristenkarten. Wir haben schon 16 Karten aus aller Welt getestet, in diesem Jahr kommen noch mal mindestens fünf weitere Touristenkarten dazu. Das haben auch Kooperationspartner festgestellt, erste konkrete Anfragen dazu sind schon in unserem Postfach gelandet.
Im letzten Jahr wurden auch vermehrt Anfragen für bezahlte Kurzreisen oder Gastbeiträge für etablierte kommerzielle Blogs an uns herangetragen. Als Geschäftsmodell stehen wir dem natürlich offen gegenüber, denn einen Teil meiner Lebenserhaltungs- und Reisekosten sowie auch die Reisekosten meiner AutorInnen finanziere ich aus den erwirtschafteten Einnahmen des Blogs.
Dein größter Tipp an Kooperationspartner?
Ich lege bei Anfragen immer Wert darauf, dass sie zu meinem Blog passen. Eine Einladung zu einer Reise nach Australien ist zwar toll, passt aber nicht zum Blog. Zehn Minuten auf Teilzeitreisender.de reichen, um sich ein Bild von unserem Portfolio zu machen. Rechts oben haben wir sogar Mediendaten und Raten für Advertorials offen und transparent dastehen. So kann sich jeder mögliche Kooperationspartner schon vorab ein Bild von uns machen.
Wir bekommen pro Woche rund fünf bis sechs Angebote. Viele tolle und spannende Erlebnisse sind dabei, wir haben jedoch auch nur begrenzt Zeit. Bei mir sind das rund 30 Wochenenden und maximal 24 Tage Urlaub. Deshalb ein wichtiger Hinweis: Eine gute Kooperation kann bei uns schon mal etwas dauern. Aber wie sagt man? Gut Ding will Weile haben!
Wie recherchierst Du selbst Deine Reiseziele? Sind Meinungen weiterer Berufskollegen für Dich ausschlaggebend, lässt Du Dich gerne überraschen, wie bzw. was planst Du, was nicht?
Wenn ich eine Reiseidee habe, führt mich mein erster Weg via Google natürlich auch auf andere Blogs. Ich bin immer wieder sehr überrascht, wie wenig es über nicht so bekannte Destinationen gibt. Bei meiner Planung des Roadtrips in die USA habe ich feststellen dürfen, das vor allem in deutscher Sprache kaum etwas zum Panhandle und zur Forgotten Coast zu finden ist. Ich plane mich jedoch auch bei individuellen Reisen nie komplett durch, sondern lasse mich sehr gerne treiben. So entdeckt man zufällig Besonderheiten, die nicht im Reiseführer oder auf anderen Blogs stehen.
Worin besteht für Dich die größte Inspiration beim Reisen? Und beim Schreiben (Fotografieren, Filmen …)?
Noch vor einem Jahr hätte ich Dir gesagt, dass mich allem voran die Orte inspirieren. Die Natur, das Meer, die besonderen Sehenswürdigkeiten. Doch vor allem im letzten Jahr und vor allem durch Reisen mit ganz besonderen Menschen habe ich feststellen dürfen, dass auch die Menschen vor Ort sowie die, die uns auf Reisen begleiten, die Inspirationen sind. Gemeinsam kommt man auf verrückte Ideen, besucht spannende Orte und so schließt sich der Kreis. Das Schreiben später macht mir Spaß, das Fotografieren auch – aber es ist nicht das, was ich mir am Ende als Erinnerungen mitnehme.
Was hast Du immer dabei?
Mein Handy und mein rotes kleines Notizbuch. Seit letztem Jahr ist auch ein Füller in meinem Gepäck. Und eine kleine Bürste für die Haare, die ich viel zu wenig nutze. Meine Sonnenbrille ist ebenso im Gepäck wie ein paar Visitenkarten. Ich spreche gerne Menschen (vor allem in der Bahn) an, und oft kommt das Gespräch auch auf meinen Blog. Da ist so ein Kärtchen ziemlich praktisch.
Wodurch und womit entspannst Du Dich (wirklich)? Lass’ uns in die kleinen Pausen in Deinem geschäftigen Alltag blicken …!
Ganz ehrlich? Ich bin ein großer Fan von sogenannten „Groschenromanen“. Der Cora-Verlag hat mich schon vor Jahren als Dauerkundin eingefangen. Wenn ich keine Lust aufs Lesen habe, schaue ich meine Film-Mediathek bei Amazon leer. Oder ich höre Podcast. Ideal zum Einschlafen sind Jan und Olli von Fest und Flauschig: Die Themen sind spannend, aber ich penn‘ dabei immer wieder weg!
Leider sind diese kleinen Pausen inzwischen viel zu selten geworden, aber ich gelobe Besserung.
Und zu guter Letzt : Nenne mir drei gute Gründe, warum ich sofort (wieder) auf Deinen Blog schauen sollte! Was zeichnet „Teilzeitreisender“ besonders aus? Was stellen Deine Leser, Deine Community, immer wieder fest? Worauf bist Du besonders stolz?
Gute Gründe für einen Besuch auf meinem Blog? Nun, ich bin ja jeden Tag dort unterwegs, von daher brauch‘ ich die Gründe ja nicht … . Aber vielleicht lässt sich ja jemand von einem dieser drei Argumente überzeugen!
- Moi. Klingt komisch, ist aber so. Ich selbst bin wohl einer der häufigsten Gründe, warum wildfremde Nicht-Googler auf meinen Blog kommen. Ich bin halt notorisch verrückt und leidenschaftlich reisewütig! Und ich bin perfekt unperfekt. Diese Kombination ist sicherlich einmalig. Auch wenn ich den einen oder anderen Pfennig mit dem Blog verdiene: Meine „Ich schreibe wie ich denke-Ader“ habe ich in all den Jahren nicht verloren.
- Über 750 Berichte. Frag‘ mich nicht, wie es dazu kommen konnte: Für knapp fünf Jahre Bestehen meines Blogs und nur mal so nebenbei ist das schon eine ganze Menge Lesestoff. Für gute (sonnige) Tage am Smartphone genauso geeignet wie für die Regentage zuhause, wenn man sich in die Sonne träumen möchte. Wir haben sogar eine Rubrik „Schlechtwetteralternativen“: Wusstest du das schon?
- Mein Teilzeitreisender-Team. Ob Milena und Andreas, ob Kerstin oder Monique, ob Jens oder Olivia, ob Beate oder mein Bruderherz: Alle meine Schreiberlinge und Co-Autoren sind anders und besonders. Je nach Macke (sprich, Leidenschaft!) gibt es da ganz verschiedene Schwerpunkte. Und ganz ehrlich? Ich bin froh, dass ich nicht über Kulinarik oder Kultur schreiben muss. Dafür habe ich meine Experten.
Vielen Dank, liebe Janett, für das wirklich ausführliche und interessante Interview!