„Wann habt Ihr das letzte Mal etwas zum ersten Mal gemacht? Und vor allem: Wie ging es Euch dabei? Mich interessieren konkret Eure Erlebnisse …“, muntere ich meine Seminarteilnehmer am zweitägigen Wochenend-Workshop in Waidhofen an der Ybbs auf. Mehr als einmal denke ich, ich müsse mich ob der Tatsache, dass wir an einem Wochenende nach einer mehrtägigen EU-Projekts-Zusammenkunft tagen, besonders um die Motivation meiner Teilnehmer bemühen. Mehr als einmal bin ich eines besseren belehrt worden: Diese meine Seminarteilnehmer sind einfach phänomenal. Ruth Jung von der Stadt Bad Wimpfen, Jens Schmuckal von der Neckargemeinde Jagsthausen, Sandra Holte & Tanja Seegelke von der Tourismusgemeinschaft HeilbronnerLand sowie Karin Drda-Kühn in Vertretung des baden-württembergischen Kiratour-Netzwerk für Kulturtourismus. „Wir sind doch alle hier, um zu lernen“, meint Karin wiederholt milde. Ich grinse und bleibe dabei: So viel Engagement ist nicht immer selbstverständlich – und hat sich einmal mehr, wirklich bezahlt gemacht.
Über die wirkungsvollsten Elemente zur Verbesserung digitaler Angebotskommunikation im Kulturtourismus im ländlichen Raum haben wir schon gut & gerne mal zwei Tage lang diskutiert.
Doch gehen wir zurück zum sprichwörtlichen „ersten Mal“. Wie fühlten sich unsere Teilnehmer bei dieser besonderen Art von Erlebnis, wann hatten sie es zuletzt erlebt, was zeichnete diese Erlebnisse aus?
„Aufregend … Intensiv … Abenteuer … Genuss … Entdeckung … Preisgeben … Öffnen.“ Bunt gemischt klang der Gefühlskanon meiner Teilnehmer. Womit wir schon ganz beim Thema wären: Erlebnisse sind an Emotionen geknüpft. Um diese herzustellen, und eine vertrauensvolle Beziehungsebene aufzubauen, braucht es mitunter Zeit, Mut, in jedem Fall aber eine Geschichte, einen oder mehrere Helden, eine gute Erzählweise und die Fähigkeit des Lesers bzw. Betrachters, sich fesseln, sich packen zu lassen, sich einzulassen. Einzulassen auf eine Situation, auf Menschen, aber auch auf eine gesamte Region oder einen bestimmten Betrieb, der hinter dieser Geschichte steht, sie lebt und verkörpert wie kein anderer. Solche Geschichten erzählt beispielsweise das niederösterreichische Mostviertel, und im ersten Teil unseres Seminars widmen wir uns ganz stark der Frage, welche (kulturtouristischen) Netzwerke diese Region erfolgreich zusammenhalten.
Auch die Kreativ-Destination Altenmarkt-Zauchensee such mit ihrem kreativen Kulturtourismus-Thema während des Salzburger Almsommers gezielte Differenzierungsmerkmale zu anderen Sommerdestinationen innerhalb des Salzburger Landes herauszuarbeiten – und dies sehr erfolgreich, wie wir anhand meiner Erfahrungen während der vergangene Jahre während des Seminars diskutieren.
Was ist Social Media Marketing, wie gelangt man zu Strategie & Vernetzung, was bedeutet Evaluierung bei sich stets rasant weiter entwickelnden Parametern? Ganz konkrete Fragestellungen, welchen sich unsere Seminarteilnehmer zwei Tage lang eifrig widmeten.
Auch dazu viele Antworten, die wir im Spannungsbogen bereits erfahrener Teilnehmer (Tanja Seegelke beispielsweise hat selbst schon mehrfach Social-Media-Schulungen innerhalb ihrer Tourismusdestination veranstaltet) mit weniger erfahreneren Teilnehmern ausführlich und ergiebigst diskutierten.
Eine spannende Tatsache hierbei ist, dass sich die vier P’s des klassischen Marketings („Product, Price, Place, Promotion“) mehr und mehr hinüber zu den vier C’s verlagern: „Creating, Curating, Connecting, Culture.“ Dies drückt den Paradigmenwandel aus, von dem nicht nur im Social Media Marketing oder dem Kulturtourismus im ländlichen Raum etwas zu spüren ist, sondern in der Gesellschaft allgemein: Wir schaffen etwas, wir teilen und vernetzen es, wir moderieren Diskussionen und fesseln unsere Leser / Kunden als Botschafter, anstatt sie mit plumpen Werbemaßnahmen zu vereinnahmen. Wir sehen zu, dass sie selbst überzeugt sind oder werden, anstatt sie ständig weiter überzeugen zu müssen.
Social Media, und auch das muss klar sein, ist jedoch kein direkter Verkaufskanal. Oder will Schweden hiermit etwa sein Land „verkaufen“ …? Na los, habt Ihr schon in Schweden angerufen? 🙂
Neben den berühmt-berüchtigten Do’s & Don’ts im Social Media Marketing haben wir uns am zweiten Seminartag vorwiegend Beispielen für erfolgreiches und innovatives Storytelling & Influencer Relationship Management gewidmet.
Passend auch das von ihm und seinem Team gedrehte Video #OutThere, welches einer Kooperation mit der Sportartikel-Firma Carrera entsprungen ist. Warum, denkt Ihr, ist gerade dies ein gutes Beispiel für Content-Marketing im Tourismus?
Über eindrucksvolle Momentaufnahmen werden hier Emotionen frei, die beim Betrachter eine fixe Verbindung zwischen der Sportartikel-Firma sowie der Landschaft rund um Evora, südwestlich von Lissabon herstellen – auch wenn es anfangs augenscheinlich gar keine solche gab. Die Werbebotschaft ist, wenngleich kaum vorhanden, doch sehr subtil gehalten. Ein spannendes, und vor allem bildgewaltiges Spektakel. Danke, Caspar & StoryTravelers!
Weiters interessant, gerade auf dem deutschsprachigen Markt, ist Art und Weise der Konzeptformulierung der „Meurers“, hier genau nachzulesen, sowie auch die jüngst von Social-Media-Expertin & Tourismuszukunft-Forscherin Kristine Honig herausgegebenen „Blogger-Datenbank“ Find-A-Blogger.com. Laut unseren Seminarteilnehmern und der anschließenden Diskussion sollte Storytelling, auch und gerade im Kulturtourismus, folgende Schlüsselelemente aufweisen:
- Lebhaft & persönlich
- Ich-Perspektive
- Ansprechend
- Emotional
- Blogs als Medium (Stichwort „Dialog“)
Schon der Meister seines Genres, Don George von Lonely Planet Travel Writing, spricht dazu wie folgt:
Was bleibt nun für uns? Was ist es, fragen wir uns gegen Ende des Seminars, um noch mal auf den Kulturtourismus & seine besonderen Erfordernisse zurückzukommen?
Ein guter Name, zum Beispiel. Der für sich schon Storytelling verspricht.
Dazu gehört die 1. Österreichische Sensenmähschule im niederösterreichischen Kulturpark Eisenstraße. Oder andersrum gefragt: Habt Ihr Euch schon mal an einer Bergwiese versucht?!
Genaueres dazu, wie dieses Projekt im Rahmen einer regionalen Förderung zu ihrem Namen (und ihren nunmehr bis weit über die Grenzen der Region ertragreichen Lorbeeren) kam, könnt Ihr hier nachlesen. Ich habe die Teilnehmer gefragt: Vielleicht brauchen wir alle eine „1. Österreichische Sensenmähschule“? Etwas, das im Kern schon einzigartig ist und sich unter Tausenden Angeboten behaupten kann, regional fest verankert ist und gefördert wird, und gleichzeitig kraft seiner Träger zutiefst menschlich ist, ja eben eine dieser besonderen Geschichten erzählt, die die überaus schöne Eigenschaft haben, gerne weitererzählt zu werden … ?
Dann nämlich kann Social Media durchaus zum intelligentesten Medium der Zeit werden, kann Botschafter & Empfänger zusammen spannen und weitere, gemeinschaftliche Entwicklungen setzen. In einer Gemeinschaft, in der wir stets bereit sind, weiter zu lernen, unser Wissen zu teilen und uns zu verbessern.
In diesem Sinne: Frohes Schaffen und bis zum nächsten Kreativ-Kulturtourismus-Social Media-Seminar! 😀
1 Kommentar
Ein wirklich sehr interessanter Beitrag!