Alle Jahre wieder kündigt sie sich an. Sie kommt über Nacht, auf leisen Sohlen, zart wie eine leichte Feder im Wind. Hauchdünn sind ihre Blätter, kräftig ihr rötliches Antlitz. Aber vergänglich ist sie, die Schönheit zwischen Wäldern und Feldern: „Nur ein einziges Mal öffnet sich die Mohnblüte, und schon am nächsten Tag ist sie verblüht“, gibt Edith mit einem Mal nahezu bedauernd kund.
Wir befinden uns mitten im südlichen Waldviertel, irgendwo zwischen Armschlag und Rappottenstein, und können uns gar nicht sattsehen am Antlitz Abertausender rot, rosa und violett blühender Mohnblüten.
Edith Weiß ist Obfrau des Mohndorf Armschlag, das sich zu Recht so betitelt: Auf jeden der 100 Einwohner kommen hier mindestens 1000 Mohnblüten, und längst hat man aus dem Mohn ein echtes Marketing-Kapital geschlagen: Mohnwirt, Mohnkirtag, Mohndirndl, Mohneis, Mohnnudeln, Mohnkäse, Mohnkuchen, Mohnseife, Mohnblumen – all das und viel mehr gibt es im „Mohn-Stadl“ sowie im „Mohn-Himmel“ (mit genau 2.000 Mohnmühlen!) zu sehen. Faszinierend.
Hier beim Mohnwirt Neuwiesinger, dem kulinarisch-kulturellen Epizentrum des Mohndorfes Armschlag, bestellen wir mittags – wie könnte es anders sein – Karpfen & Schnitzel in Mohnpanier, Mohnnudeln, Mohneis und Mohnkuchen als Nachtisch. Wer da hungrig bleibt, ist selber schuld. Kauend lauschen wir Edith’s eifrigen Worten, die uns über historischen Werdegang sowie aktuellem Engagement des Mohndorfes berichtet: „Gut 80% der Bevölkerung sind ein aktiver Teil des Geschehens hier …“ – “ … also 80 von 100 Einwohnern?“, werfe ich lächelnd ein. „Ja richtig, das kann man so sagen“, schmunzelt Edith. „Hier packen wirklich alle mit an, vor allem bei den großen Festen wie dem jährlich stattfindenden Mohnkirtag. Mittlerweile ist unter der lokalen Bevölkerung ein echter Stolz darüber erwachsen, dass das Mohndorf Armschlag bis weit über die Grenzen des Waldviertels hinaus bekannt geworden ist und die Mohnblüte fast schon den Status einer Marillenblüte in der Wachau hat. Kommt, jetzt gehen wir erst mal in den Mohn-Himmel und fahren dann eine Runde mit unserem Mohn-Express!“
Meine lieben Reiseblogger-Kollegen Sarah & Terry Lee kommen aus dem Staunen gar nicht mehr heraus. Selten hat sich ein Dorf in ihren Augen so gemausert, eine solch kleine Einwohnerzahl einen solchen Schulterschluss hingelegt. Die vielgereisten Engländer sind begeistert – das will was heißen. Auch und gerade bei Edith und mir kommen stolze Heimatgefühle auf!
Rund um Armschlag rate ich Euch zu einer jeweils knapp 20minütigen Ausflugsfahrt in die Burg Rappottenstein bzw. der Whisky-Erlebniswelt J. Haider. Beide Ziele verdienen es, sich für sie Zeit zu nehmen.
Wenn Euch schon der Umfang des Mohndorfes Armschlag klein vorkommt, dann wartet erst mal ab, bis Ihr auf die Familie Haider trefft. Drei Personen (!) sowie deren Mitarbeiter managen hier eine Erfolgsgeschichte, die sich sehen lassen kann: Aus Waldviertler Roggen erstklassigen Whisky herzustellen. Mittlerweile genießt selbiger internationale Anerkennung und hat und zur Gründung des ersten österreichischen Whisky-Verbandes mit mehreren Qualitäts-Destillerien geführt. „Unsere Tochter Jasmin ist wirklich viel unterwegs, vor allem international“, lächelt ihre Mutter Monika stolz und führt uns durch den Betrieb.
„Wir sind ursprünglich aus Wien hierher aufs Land gezogen. Das Schicksal wollte es, dass meinem Mann seit jeher das Recht zustand, hier auf dem Hof Whisky brennen zu dürfen. Und so wurde aus den ersten Unternehmungen ein höchst erfolgreiches Geschäftsmodell, das sich der Kernelemente Wasser, Getreide, Klima bedient. Alle eignen sich hier hervorragend für die Whiskyproduktion, das Potenzial war vor uns eigentlich niemandem so richtig bewusst.“ Passend zum Thema: Zehn Leute sagen, es geht nicht, bis einer kam, der’s einfach gemacht hat. Lächelnd erzählt uns Monika Haider nach und nach alles, was wir über den Familienbetrieb wissen wollen, bevor wir naturgemäß zur Verkostung schreiten.
Zu guter Letzt geht es in den sicheren Hafen der Ruhe: Das Hotel Schwarzalm hat vor kurzem komplett neu eröffnet. Und es dabei behutsam geschafft, die Natur sowie den ganz eigenen Charakter des Waldviertels ins Haus zu holen.
Das Waldviertel: „Wo wir sind, ist oben“, lautet der Spruch der Destination Waldviertel Tourismus. Das stimmt tatsächlich so, denke ich mir erneut, als wir auf dem Almweg fernab jeglicher Bundesstraßen, Lärm oder (Klein)Städte mitten ins Grüne fahren. Zur „Schwarzalm“ eben, nach „ganz oben“: In den äußersten Norden Österreichs nämlich. Auf einem Hochplateau mit erfrischend kühlen Nächten. Ein herrliches Gefühl, gerade jetzt im Hochsommer.
Und so kommt es, dass wir uns wieder mal ein bisschen verlieben. Wahrlich ankommen, aufatmen und Kraft tanken können hier. Gerade schiebt sich die feurig gelbe Sonne hinter den Waldesrand, welcher mit seinen schwarzen Zacken und grünen Ausläufern ein prächtiges, kontrastreiches Farbpanorama zum gelb bis blau schattierten Himmel liefert. Genau dorthin blickt mein Zimmer, und ich voller Vorfreude auf den Schwimmteich im Garten sowie die neu gebaute Saunalandschaft und den Indoor-Pool im AlmSpa Wellnessbereich des Hauses.
Am nächsten Morgen tun wir nichts außer lange (und spät) frühstücken, stundenlang im Wellnessbereich abhängen, und bei der Mischung zwischen guter Luft, herrlicher Stille und wohltuender Massage so ein ganz klein wenig in den Himmel schweben (und schlummern). Hier residiert sie, die Seele des Waldviertels …
Sämtliche Reisefotos, vor allem zur Mohnblüte im Waldviertel sowie allen weiteren beschriebenen Ausflugszielen & dem Hotel Schwarzalm findet Ihr hier:
Hinweis: Wir wurden von der Destination Waldviertel sowie dem Hotel Schwarzalm zu dieser Reise in das niederösterreichische Waldviertel eingeladen. Alle Meinungen sind meine eigenen.
2 Kommentare
Schön! Mein Bericht folgt auf dem Fuße.
Die Whiskey Welt haben wir schon vor 2 Jahren beim ersten Ausflug mit Coffee besucht – im Mohndorf haben wir uns davon überzeugt, dass wir mit Humboldt durch den Gasthaus-Innenhof fahren können 🙂 (ähem, sorry Mohnwirt!) und die eine oder andere Mohnblüte haben wir gerade auch noch zu Gesicht bekommen. Uns hat es in der Schwarzalm auch wieder ausnehmend gut gefallen, v.a. auch, weil SOOOO nett für Hunde mit dem Löschteich. Aber für mich war auch was dabei 🙂
Liebe Angelika,
Das freut mich, vielen Dank für Dein Feedback! Ja, der Mohnwirt ist schon ein Erlebnis- ob mit oder ohne Auto, wir haben auch den Mohn-Express vor Ort sehr sehr genossen 😀
Die Schwarzalm war mein persönlicher Favorit. Dort ist die Seele des Waldviertels wirklich spürbar, und einfach herrlich entspannen kann man da. Ich hoffe sehr, schon bald wieder dort zu Gast sein zu können und freue mich jetzt schon auf Deinen Bericht !!
Alles Liebe,
Elena 🙂