Polen ist mir während der letzten drei Jahre wirklich ans Herz gewachsen. Kein Wunder eigentlich, denn meine Familie und ich haben bei jeder unserer Reisen Land und Leute so richtig kennen gelernt. Poland Soul Travel macht’s möglich, ein Projekt, das sich der Förderung eines sanften Tourismus in weniger bekannte Regionen Polens verschrieben hat.
Auch dieses Jahr sind meine Kinder und ich wieder in Polen. Liam, der ältere, meint ganz begeistert: „Der Papa fährt zum ersten Mal nach Polen, aber ich war letztes Jahr schon da!“ Stimmt. Da waren wir nämlich gemeinsam mit den Großeltern in Lublin im Osten Polens. Mit Freilichtmuseum und Familiengenuss. 😀
An- und Abreise in das Glatzerland: Nur vier Stunden mit dem Auto von Wien entfernt!
326 Kilometer, die reine Fahrtzeit knapp vier Stunden – das ist, mit Pausen und/ oder On-Board-Entertainment auch mit kleinen Kindern im Auto gut zu schaffen. Im Grunde ist der Süden Polens wirklich nah; die Distanz von Wien nach Villach in Kärnten oder westwärts nach Salzburg ist auch nicht viel länger.
Gut 200 Kilometer der Fahrtstrecke an unser Ziel im Glatzerland sind Autobahn und damit schnell erreicht: Über das Weinviertel sausen wir vorbei an den tschechischen Städten Brünn und Olmütz, um die letzten 100 Kilometer durch malerische Hügellandschaften an der tschechisch-polnischen Grenzregion zu kurven.
Ich meine, das Böhmische Massiv zu „erkennen“, das mich ein wenig an das nördliche Waldviertel in Niederösterreich erinnert– von wegen sagenhafter Wälder und mystischer Gesteinsformationen wie in Bledne Skaly. Dazu gleich mehr.
Familienfreundliche Unterkunft: Kowalowe Wzgórze mit Urlaub am Bauernhof nahe der Stadt Glatz im Süden Polens.
Dieses Urlaub am Bauernhof-Erlebnis ist ein wahrer Geheimtipp für Familien. Für uns ist der Aufenthalt schlichtweg das Paradies! Die Kinder können überall frei herumlaufen, das Bauernhofgelände bietet nicht nur Ställe, Wiesen, Scheunen und lustige Gemeinschaftsräume, sondern gleich mehrere, großzügig angelegte Spielplätze.
Was Kasia und Jarek an Fremdsprachenkenntnissen noch fehlt, machen sie durch liebevollen Einsatz und fortwährendes Bemühen um ihre Gäste wieder wett. Trotz einer gewissen Sprachbarriere haben wir uns insgesamt sehr gut verständigt (note to self: ich muss unbedingt noch mehr Polnisch lernen!).
Sämtliche Speisen, die bei der Halbpension auf dem Bauernhof serviert werden, sind entweder selbst gepresst, selbst gerührt, selbst gezogen, selbst geschlachtet oder selbst gebacken. Ich meine, einfach alles stammt direkt vom Hof. Es schmeckt einfach nur herrlich; für unsere beiden Ausflugstage packen Kasia und Jarek gerne Lunchpakete für die Kinder mit ein (sehr aufmerksam).
Seht Euch das mal an – auch hier auf der Webseite von Kowalowe Wzgórze, die einen schönen Überblick über Haus und Hof bietet.
Must-Do: Durch das Steinlabyrinth von Bledne Skaly an der tschechisch-polnischen Grenze wandern.
Das Glatzerland bietet jede Menge Ausflugsziele in der näheren Umgebung, die sich leicht an einem Tag kombinieren lassen. In die Stadt Glatz fahren wir von unserer Unterkunft am Bauernhof nur 10 Minuten; das sogenannte Steinlabyrinth von Bledne Skaly liegt etwa 45 Minuten Fahrtzeit entfernt.
Wir heben in Glatz ein paar polnische Zloty ab, um Kleingeld für unterwegs dabei zu haben, und fahren dann gleich weiter: Liam möchte wissen, wie die großen Granit-Formationen von Bledne Skaly entstanden sind? Sie muten so bizarr und magisch an, dass es wohl nicht überrascht, dass ein Teil der Fantasy-Serie „Die Chroniken von Narnia“ hier gedreht wurde!
Unser Tipp für den Besuch von Bledne Skaly mit kleinen Kindern lautet: Festes Schuhwerk, Jause, Getränke und viel Abenteuerlust mitbringen! Manche Stellen zwischen den Felsen sind so schmal, dass wir Erwachsenen uns richtiggehend durchzwängen müssen.
Da Levin erst zwei Jahre alt ist und wir ihm nicht zumuten, die ganze Strecke durch das Labyrinth zu Fuß zu gehen, haben wir die Wanderkraxe meines Bruders für ihn dabei. Doch Vorsicht: Ein paar Mal sind wir mit der großen Kraxe zwischen den Steinen fast stecken geblieben! Es empfiehlt sich also, den Besuch mit (kleinen) Kids so zu timen, dass das gesamte Labyrinth zu Fuß und nur mit kleinen Rucksäcken begangen werden kann. Kommt mal mit!
Die Tropfsteinhöhle Jaskinia Niedźwiedzia mit Überresten von eiszeitlichen Höhlenbären erkunden.
Am darauffolgenden Tag geht es gleich mindestens ebenso abenteuerlich weiter. Wir sind nämlich für den Besuch in einer mächtigen Tropfsteinhöhle im Süden Polens angemeldet – und ja, ihr habt richtig gelesen, „angemeldet“! In Jaskinia Niedzwiedzia (wieder so ein unaussprechlich schöner Name!) ist selbst für polnisch-ländliche Verhältnisse viel los; Besucher werden nur in ganz kleinen, geführten Gruppen und nur mit Voranmeldung in die Höhle eingelassen.
Neben einer faszinierenden Welt aus Stalagmiten und Stalaktiten finde ich die Ton-und-Licht-Show mit der zauberhaften Musik von Yann Thiersen („Ziemlich beste Freunde“) wirklich gut gelungen. Durch viel Zureden, Erklären und Zeigen ist es auch mit unseren zwei- und vierjährigen Kindern möglich, rund eine halbe Stunde in der Höhle zu verweilen ohne dass sich die beiden ängstigen oder langweilen. Außerdem gibt es hier Skelettfunde von eiszeitlichen Höhlenbären und Säbelzahntigern zu sehen. Wow!
Das Flair schnuckeliger Kurstädte sowie der Stadt Glatz (Klodzko) mitsamt ihrer mächtigen Festung genießen.
Die Stadt Glatz, Zentrum des Glatzerlandes, hat uns vor allem mit ihrer gewaltigen Festungsanlage beeindruckt. Zum einen aufgrund ihrer schieren Größe im Verhältnis zur restlichen Stadt, zum anderen aufgrund der Tatsache, dass wir von oben bestimmt einen guten Blick über Glatz und das Glatzerland haben.
Genau so war es dann auch. Die Kinder sind fleißig mit marschiert; sogar Levin stapft mit seinen zwei Jahren fest hinauf bis in den Donjon, die letzte Verteidigungsbastion der Festung. Wo einst Soldatenalltag herrschte, fetzen heute Kleinkinder über die grünen Wiesen und Mauern – letzteres aus meiner Sicht doch wirklich zu bevorzugen.
Außer Glatz besichtigen wir an den beiden Nachmittagen unserer Natur-und-Abenteuer-Tage noch die hübschen Kurstädte Bad Kudowa (Kudowa-Zdrój) und Bad Landeck (Ladek-Zdrój), beide jeweils ganz nah an der tschechisch-polnischen Grenze. Hier scheint die Zeit stillzustehen, die Uhren noch deutlich langsamer zu laufen.
Ich muss sagen, dass wir diesen Besuch in einer richtigen „non-touristy-area“ sehr genießen. Der Rhythmus der Region mit ihren deutschen Zweitnamen, die auf die Zugehörigkeit zum ehemaligen Sudetenland schließen lassen, lässt uns wirklich runterkommen. Die Kinder sind zufrieden mit ihrem Eis oder dem örtlichen Spielplatz, wir mit einem kleinen Bummel und Einkauf. Für das bessere Verständnis lesen wir uns in die Geschichte der Region auf Wikipedia ein, und lauschen wo möglich den Geschichten einzelner Familien und ihrer Schicksale. Spannend!
Die Papiermühle in Bad Reinerz (Duszniki-Zdrój) kennen lernen: Im Papiermuseum können Kinder und Erwachsene ihr eigenes Papier schöpfen!
Zu guter Letzt möchte ich Euch ein weiteres Ausflugsziel im Glatzerland ans Herz legen, das sowohl unser kulturelles Interesse als Erwachsene zufriedenstellt, als auch für (kleine) Kinder vergnüglich ist.
Die Papiermühle von Bad Reinerz (Duszniki-Zdrój) ist Teil eines transnationalen Netzwerkes an Papiermühlen in Polen, Tschechien, Deutschland und Frankreich mit dem ehrgeizigen Ziel, für das alte Handwerk des Papierschöpfens den UNESCO Welterbe Status zu erlangen.
Unsere junge Führerin Emilia, die selbst Mama eines vierjährigen Sohnes ist, weiß die Führung durch das Museum perfekt auf die Bedürfnisse unserer Familie abzustimmen. Die Kinder dürfen fast alles angreifen; im Keller des Hauses, mitten in den historischen Werkstätten, ist dies sogar erwünscht. Hier schöpfen Vater und Sohn gemeinsam Büttenpapier aus einer alten Wanne! Es hilft natürlich auch, dass wir die einzigen Gäste während der Führung sind, bei der es mit den Kleinen naturgemäß etwas lauter zugeht.
Insgesamt behalten wir das Papiermuseum als einen idealen Tipp für den Besuch mit Kindern in Erinnerung. Emilia bekräftigt weiter, das Museum weiter aus- und umbauen zu wollen, um mit den modernen Museumsanforderungen im internationalen Kulturtourismus Schritt halten zu können. Vielleicht kommen wir ja in ein paar Jahren wieder in ein hoch dotiertes UNESCO Welterbe?
Noch mehr Bilder unserer Familienreise findet Ihr in diesem Flickr Foto Album „Mit der Familie das Glatzerland im Süden Polens erkunden“.
Lust auf eine eigene Reise nach Polen? Hier sind alle meine Reisetipps für Euch in der Übersicht.
- Lublin im Osten Polens. Mit Freilichtmuseum und Familiengenuss.
- Ferien auf dem Biohof Golebnik: Reisetipps für Familien im Osten Polens.
- Krakau mit Kindern: #PolandSoulTravel mit der ganzen Familie.
- Wir entdecken die Schlösser Niederschlesiens und wandern im Riesengebirge Polens.
- Kwieci Guest House: Slow Travel in der Sudetenregion von Polen.
- Städtetrip nach Breslau & Besuch der Friedenskirche in Swidnica
Hinweis: Ich wurde von der Polnischen Tourismusbehörde zu dieser Reise in den Süden Polens eingeladen. Alle Meinungen sind meine eigenen.