Die Stimme der jungen Sängerin „Rosario La Tremendita“ macht ihrem Künstlernamen alle Ehre: Rauchig ist sie, erhaben, „tremenda“ & voller Feuer wie der Flamenco Andalusiens den sie besingt. Ihre Atempausen übernimmt der nicht minder beeindruckende Sänger Mohammad Motamedi aus dem Iran, seine ganz eigene fernöstliche Erwiderung des feurigen Flamenco ergibt ein Gesangsduett wie ich es noch nie in meinem Leben vernommen habe.
Mittendrin statt nur dabei: So fühle ich mich dieser Tage beim niederösterreichischen Festival- & Kultursommer an den Standorten Krems, Melk, Schallaburg & Grafenegg. Eigentlich wohne ich hier, lache ich innerlich, und doch nimmt man sich mitunter selten Zeit für die berühmt-berüchtigten „Schätze vor der Haustür“. Fährt stattdessen lieber nach Neuseeland, Südamerika, Portugal oder Frankreich. Diesmal jedoch … ist die Welt zu Gast hier im schönen Niederösterreich, genauer gesagt an den Kulturstandorten Melk & Krems entlang der wunderschönen Wachau. Eine gute Gelegenheit also für mich & meine Reiseblogger-KollegInnen Nienke & Nick (TheTravelTester), Gudrun (unsere „Reisebloggerin„) sowie Monique von Teilzeitreisender, sich die aktuellen Festivals & kulinarisch-kulturellen Events genauer anzusehen.
„Metropolis spiegelt Macht & Untergang der Menschheit während des 1. Weltkrieges, die aktuelle Ausstellung auf der Schallaburg steht in direkter Verbindung zu unserem Sommertheater hier in der Wachauarena Melk.“
Dies betont der sympathische und engagierte künstlerische Leiter der Wachauarena Melk, Alexander Hauer, bei unserer Begrüßung am Fuße des weltberühmten Stift Melk an der Donau. „Metropolis, das große weiche Herz der Bestie“ nach einem Stummfilm von Fritz Lang aus den 1920er Jahren … Während Gudrun zustimmend nickt, mache ich mir noch Gedanken darüber, was uns hier wohl erwarten wird? Alexander Hauer nimmt uns mit hinter die Kulissen, wir sehen die Schauspieler kurz vor der Aufführung und spüren die Aufregung, welche kurz vor dem gewaltigen Stück in der Luft liegt. Rückblickend kann ich nur sagen: WOW. Die Fähigkeit der überaus talentierten Schauspieler, uns mit auf die Reise tief liegender, menschlicher Wirrungen & Emotionen zu nehmen, hat mich zutiefst beeindruckt.
„Ich bin nicht schön. Ich bin lebendig!“
„Wir brauchen einen Mittler zwischen Hirn & Händen. Und das ist das Herz.“
„Das Teuerste, was wir haben, ist unser Leben. Es wird uns nur einmal geschenkt. Es ist unsere Chance! Nutzen wir sie.“
Auf der Schallaburg findet parallel zum wortgewaltigen Theaterstück Metropolis noch bis 9. November 2014 die sehenswerte Ausstellung „Jubel & Elend“ mit einer der wohl umfangreichsten Darstellungen des 1. Weltkrieges statt. 2014 markiert das 100jährige „Jubiläumsjahr“ des Kriegsbeginnes: Dank der lebhaften Schilderungen werden wir bis ins kleinste Detail darüber unterrichtet, was während der Kriegsjahre 1914 – 1918 passiert ist und welche Auswirkungen daraus noch heute das Weltgeschehen beeinflussen. Sehr sehr spannend, hatte ich mich doch zuletzt im Geschichtsunterricht an der Schule mit diesen Ereignissen auseinandergesetzt. Es mag ein trauriges, aufwühlendes Erlebnis sein, sich hier so intensiv mit den furchterregenden Kriegsgeschehnissen des 1. Weltkrieges zu beschäftigen – die Aktualität dessen, was in der fernen Vergangenheit passiert ist, lässt sich angesichts der aktuellen Weltereignisse jedoch nicht leugnen. Ein stimmungsvolles Ambiente dazu ist das prächtige Renaissanceschloss Schallaburg, das zu Recht den Titel als „schönstes Renaissanceschloss nördlich der Alpen“ trägt! Die angrenzenden Gärten sind ebenso ein Traum und laden zum Verweilen, Genießen & Kontemplieren von Vergangenheit & Gegenwart ein.
Aus der Wachau geht es direkt weiter zum Wagram. Der Schlosspark Grafenegg ist einzigartig in ganz Österreich – und seit nahezu 10 Jahren Heimat des berühmten „Wolkenturmes“, ein architektonisch wie kulturelles Meisterwerk der Kultur Niederösterreich.
„Wenn es Schlag auf Schlag geht, setze ich mich einfach aufs Fahrrad und drehe eine Runde im Schlosspark: Das entspannt!“, lacht Julia Ornetsmüller, welche uns am Kulturstandort Grafenegg begrüßt. Der Schlosspark, welcher das verträumte Schloss Grafenegg im englischen Tudor-Stil umgibt, hat in der Tat etwas Beruhigendes. Weite Grünflächen wechseln mit hoch gewachsenen Parkbäumen und Ruheplätzen wie dem neu errichteten Weiler oder kleinen, verwunschenen Buschecken ab. Immer wieder kehre ich hierher zurück, um mir beispielsweise mit einer guten Freundin eine Auszeit beim Spaziergang durch den Park zu nehmen. Das Schloss selbst sind wie der relativ neu errichtete „Wolkenturm„ wirklich sehenswert. Letzterer beherbergt eine Bühne für klassische Konzerte auf höchstem internationalen Niveau, die dank der Preisgestaltung (Karten auf den Grünflächen rings um das Auditorium sind ab € 10,- zu haben!) wirklich allen offen sind. „Gerade Niederösterreicher nutzen die Chance auf solchen Kulturreigen“, weiß Julia stolz zu berichten.
„Glatt & Verkehrt: Wir nehmen traditionelle österreichische Volksmusik. Schieben zeitgenössische Elemente ein. Und ’stricken‘ daraus ein Programm. Das ist das Festival Glatt & Verkehrt!“
Lässig lehnt Jo Aichinger, seines Zeichens künstlerischer Leiter des Glatt & Verkehrt-Festivals, an der Säule vor dem Klangraum Minoritenkirche Krems-Stein. Er sei noch nicht ganz ausgeschlafen, meint er am Morgen des letzten Festivaltages verschmitzt, und auf die Frage, wie lange er denn bereits hier künstlerisch tätig sei, antwortet er spontan lachend: „Viel zu lange!“ Wir stimmen in sein Lachen ein, seine Offenheit zieht uns unmittelbar in den Bann der Festival- und Konzertreihe von „Glatt & Verkehrt„. Eindrucksvoll (und gar nicht müde!) schildert er uns den Werdegang eines der erfolgreichsten und etabliertesten Festivals Niederösterreichs, welches seit über 20 Jahren jedes Jahr im Juli stattfindet und nationale wie internationale Klang- & Performance-Elemente zum Thema hat. Der Spannungsbogen der Festivalserie am Kulturstandort Krems zieht sich von „Imago Dei“ zur Osterzeit bis in den Herbst: „Herbstzeitlos“ präsentiert Ende September ebenfalls Klänge aus aller Welt, wie wir sie nun während der Sommerzeit erleben durften.
Ganz besonders beeindruckt haben mich, wie bereits eingangs geschildert, die Gesangskünste des Duos Quasida Rosario „La Tremendita“ & Mohammad Motamedi, welche in ihrem Konzert Andalusien & Persien stimmgewaltig wie instrumental vermählt haben. Aber auch die ganze 11 Mann & 3 Tänzerinnen starke Musikgruppe „Fanfarai“ aus Algerien & Frankreich brachten mit ihrem beschwingten und herzerfrischenden Rhythmen alle Welt zum Tanzen – „sogar uns müde Österreicher“, wie es der Sänger zum Ausdruck brachte: „In Frankreich bin ich es gewohnt, dass die Leute komplett ausflippen, tanzen, verrückt werden, spucken, alles mögliche! Ich DANKE Euch, dass Ihr mir solche Aufmerksamkeit schenkt und wirklich zuhört. Das sind wir gar nicht gewohnt!!“ Nach diesen Worten – und vor allem den darauf folgenden Musik- & Tanzeinlagen – war aber nun wirklich auch die guten alten Österreicher nicht mehr zu halten und tanzten sich richtig weg – genial! Mit meinem zum ersten Mal getragenen Bad Ausseer Dirndl machte ich an jenem Tag auch wirklich die passende Figur dazu.
(Dass wir davor am Konzertstandort der Winzer Krems mit einer „weinsamen Führung“ sowie dem einen oder anderen Gläschen Wein bedacht wurden, mag das eine oder andere zur guten Laune beigetragen haben … Genuss, Lebensfreude, Musik & Tanz gehen schließlich Hand in Hand! Wie gut, dass wir alles davon hier vor Ort in Krems haben. 😀 ).
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Hinweis: Wir wurden von der Niederösterreichischen Festival- & Kulturgesellschaft eingeladen, anlässlich des niederösterreichischen Festivalsommers in die Wachau zu reisen. Alle Meinungen sind meine eigenen.