Das Teezeremoniell folgt in Japan strengen Vorgaben. Zwischen dem warmen Lächeln & den einladenden Gesten entdecke ich an unserer „Zeremonien-Meisterin“, einer jungen Dame kaum älter als ich selbst, immer wieder den Hauch ernsthafter Hingabe – der Hingabe an eine altehrwürdige, japanische Tradition. „Selbst die Samurai haben den Frieden rund um die japanischen Teehäuser mit einem Waffenstillstand quittiert“, erzählt mir Kentaro da, mein Fremdenführer in Kanazawa, welcher meinem erstaunten Blick mit einem gutmütigen Lächeln begegnet. Alles um ihn herum ist nun mal ziemlich erstaunlich – vor allem wenn man wie ich zum ersten Mal nach Japan reist, und dann gleich in einem der traditionellen Teehäuser landet. Mit Einstieg durch eine kleine, quadratische „Tür“ rund eineinhalb Meter über dem Erdboden wohlgemerkt. Hier in der Stadt Kanazawa, einer UNESCO Creative City of Crafts die es liebt, anspruchsvolle Besucher wie mich dank authentischer und interaktiver Kulturerfahrungen zu begeistern.
Reden wir über „Kreativ Reisen“ in einem kulturellen Kontext wie Japan. Und warum sich Kanazawa, rund drei Stunden nördlich von Kyoto & Osaka, dafür bestens eignet.
„Ich komme sehr gerne hierher von Tokio“, erzählt mir Professor Masao Mizuno während eines morgendlichen Spazierganges durch die Altstadt von Kanazawa. „Bei ’nur‘ 250.000 Einwohnern ist Kanazawa eine Kleinstadt gemessen an der restlichen Größe Japans – und wirklich ruhig, vor allem an den Wochenenden. Vor rund zehn Jahren haben wir damit begonnen, die Stadt im Hinblick auf Kultur & Kreativität zu entwickeln. Dabei haben wir auch ein Besucherprogramm entworfen, welches Reisenden wie Dir Gelegenheit gibt, das ‚wahre Kanazawa & seine Künstler‚ kennen zu lernen.“ Ich muss lächeln und an die Kanazawa Creative Tour mit seinem Kollegen & Freund Kentaro am Vortag denken. Er und Professor Mizuno zeichnen für ‚Kanazawa Creative Tourism‚ verantwortlich, eine Kulturinitiative mit dem Ziel, Besucher mit der lokalen Kunst- und Kulturszene in Verbindung zu bringen.
„Learning by doing“ und sich dabei auf echte Augenhöhe mit den Einheimischen zu begegnen, ist einfach wahnsinnig spannend. Vor allem in einem kulturellen Kontext wie Japan!
Kommen wir zu Kunst & Architektur: Diese erst haben Kanazawa zu dem gemacht, was es heute ist – eine attraktive Metropole des 21. Jahrhunderts, die ihren Ursprung in der vielschichtigen und spannungsgeladenen Geschichte Japans nimmt.
„Revisiting Rimpa„, so wird einer der berühmtesten Gegenwartskünstler der Stadt, Nakamura Takuo, gerne zitiert. Die japanische „Rimpa“-Tradition blickt auf stolze 300 Jahre Kunstgeschichte zurück und beschäftigt sich mit der bewussten Reduktion in der Kunst zugunsten einer neuen Ästhetik. „… The true completion of any (artistic) vessel is derived through the creative implementation on the part of the user.“
Das klingt nun fast wie eine Anleitung zum Kreativ-Reisen selbst, in der nur unter Einbindung und aktiver Teilnahme sowohl des Kursleiters als auch des Kursteilnehmers selbst eine echte, kreative (Reise)Erfahrung zustande kommt. Beim Besuch von Nakamura’s Haus & Ausstellung sowie der Einladung in sein privates „Teehaus“ (fast ein jedes traditionelle Haus hier in Japan scheint zumindest einen eigenen Raum, bzw. gleich ein eigenes kleines Häuschen für die Teezeremonie zu besitzen!) staune ich über die ungewöhnliche Kunst & Architektur vor Ort. Sehr zum Wohlwollen von Nakamura fallen mir viele Details an Raum & Ausstattung auf: Wie viel Bambus hier zum Einsatz kommt! Welche Materialien hier zur Geltung kommen. Wie die Kunst ausgestellt wird. Kentaro neben mir nickt zufrieden und übersetzt gerne: Höflichkeit ist nun wirklich das oberste Gebot hier in Japan!
Zu guter Letzt möchte ich Euch noch einen richtig guten Nächtigungstipp mit auf den Weg geben, welcher durch & durch zur „lokalen Tuchfühlung“ des Kreativ-Reisen-Themas passt.
Wenn Ihr Euch trotz all der kreativen Reiseerfahrungen & Möglichkeiten für individuelle Entdeckungen hier in Kanazawa immer noch nicht ganz angekommen fühlen solltet, dann rate ich Euch zum Besuch des Shiro Guest House. Diese familiär geführte Pension besticht unter anderem durch Herzlichkeit und Gehweite zu Kanazawa’s historischem Marktplatz. Darüber hinaus sind viele Kunstgalerien sowie Handwerksläden in der Nähe, was mein spontaner Besuch einer lokalen Miso-Fabrik bestätigt hat! Seht Euch das mal an.
Sämtliche Fotos meiner kreativen Genussreise durch Kanazawa findet Ihr hier bei einem Moment der Ruhe & Reflektion auf Flickr – ein bisschen “Zen” kann schließlich nie schaden …