Wir schreiben … das Jahr 2007. Frisch von der Uni, schenken mir meine Eltern zur Sponsion eine Familienreise nach Kuba. Sie erfüllen meinem Bruder, mir und sich selbst den großen Traum, erneut gemeinsam den Atlantik zu überqueren (zweimal waren wir vier davor bereits in den USA) und uns der faszinierenden Kultur Kubas hinzugeben, bevor es – Zitat Mama – „zu spät ist“. (Ob es das heute wirklich ist, davon erzählt Euch der etwas jüngere Reisebericht meines Bruders Julian, der 2015 zusammen mit seiner Freundin Christine eine weitere Reise nach Kuba unternommen hat: „Schnell nach Kuba, bevor die Amis kommen …„).
Bleiben wir jedoch fürs Erste mal im Jahr 2007. Aus den Selbstverständlichkeiten unseres komfortablen Lebens heraus werden meine Familie und ich im Laufe unserer 15-tägigen Reise durch Kuba mit teils sonderbaren, teils heiteren Erfahrungen, Widersprüchen und kubanischen Alltagssituationen konfrontiert.
Luis möchte, dass wir ihm nach unserer Rückkehr nach Österreich Sportschuhe in Größe 45 schicken: Es gäbe keine solchen Schuhe im eigenen Land, meint er. Ob wir dies wirklich machen könnten?, fragt er nach und gibt uns seine Adresse.
Lala, unsere Stadtführerin in Havanna, arbeitet offiziell als Lehrerin, nutzt ihre Ferien aber, um als Touristenführerin ein x-faches ihres Gehaltes dazu zu verdienen. Vor allem, um sich einen wie sie betont, sehr teuren Kühlschrank leisten zu können.
Kühlschränke, so lernen wir bald, sind der neueste Schrei in Kuba. Sie werden überall und jederzeit stolz präsentiert. Fast so sehr wie die (noch älteren, noch rostigeren) Autos.
Die „kubanische Kost“, die uns allerorts serviert wird, besteht neben köstlichen, tropischen Früchten aus Reis mit Bohnen, frittiertem Hühnchen, Salat, sowie ab und an Fisch. Punkt. Sonst nicht sehr viel. Einmal bekommen wir vom Frittierfett Durchfall. Alle. An die Kohletabletteneinnahme danach mag ich mich lieber nicht erinnern …
Im gesamten Land gibt es keine einzige „Werbung“ (Schilder, Plakate …); neben den wirklich wenigen Straßenschildern (wir navigieren unseren Mietwagen meist nach Sonnenstand, Himmelsrichtung und Gefühl) erblicken wir abseits (und inmitten) der faszinierenden Naturlandschaften Kuba vor allem eines: Sozialistische Propaganda. „Socialismo o Muerte!“ – „Fideles a Fidel!“ (getreu Fidel Castro). „Venceremos!“ (Wir werden siegen). Und so weiter.
Gegen Ende des Monats Juli fragen uns Kinder und Erwachsene, ob wir denn „Seife & Kugelschreiben“ für sie hätten. Es handelt sich nicht um Bettler, vielmehr um eine Folgeerscheinung der kommunistischen Planungsregierung: Alltagsgüter werden in Kuba, wie es meine Oma noch aus der Nachkriegszeit in Österreich erzählt, mit Essens- und Gütermarken verteilt; im Juli 2007 sind dem Land eben leider Seifen und Kulis ausgegangen.
Und dennoch (oder vielleicht gerade deswegen?) lieben wir Kuba.
Kuba, das Land voller Widersprüche, voller Tanz und Musik, voller Sonne und Lebensgefühl, fasziniert und prägt uns. Wirft viele Fragen auf, die wir gemeinsam in der Familie diskutieren und zu verstehen versuchen. Lehrt mich, einmal mehr Reflektionen über völlig verschiedene Alltagssituationen von Menschen rund um den Globus anzustellen. Dass ich zu diesem Zeitpunkt dank meiner Auslandsaufenthalte in Spanien bereits fließend Spanisch spreche, ist Segen & Fluch gleichzeitig: Überall dringen die Menschen in mich, sprechen sich in ihrer Muttersprache quasi die Seele vom Leib, sagen mir ein ums andere Mal, „wie es in Kuba wirklich“ ist. Puh. Das war nicht leicht für mich als Urlauberin innerhalb der Familie, und selbige musste nach meinen Übersetzungen stets herhalten, um alles was uns da sprichwörtlich zu Ohren gekommen ist, auch zu verstehen, zu analysieren, und zu verdauen. Gut, dass wir die letzten drei Tage Ressorturlaub im Nordosten der Insel gemacht haben. Urlaub nach der Kulturreise Kuba quasi.
Und Ihr, welche Erfahrungen, Wünsche oder Vorstellungen prägen Euch in Zusammenhang mit dem Reiseland Kuba?
2 Kommentare
Wirklich schöner Reisebericht. Ich war vor Corona das letzte Mal in Kuba, aber jetzt habe ich wieder so richtig Lust nach Kuba zu reisen.
Vielen herzlichen Dank!! Ja, die Reiselust … Du erinnerst mich: Mein Mann und meine beiden Söhne waren auch noch nie in Kuba – nur ich mit meinen Eltern und meinem Bruder damals .. Hm. Eines Tages ist es uns dann hoffentlich noch einmal vergönnt, wer weiß, was sich in all den Jahren verändert hat? Es bleibt spannend!
Gute Reisen und ein frohes Neues Jahr!