Es ist der dritte Tag hier auf der Osterinsel, und er beginnt um exakt 05.30 Uhr früh mit dem Sternenbild des „Great Waka“, oder Großen Kanus. So weiß ich das uns als „Gürtel des Orion“ bekannte Gebilde noch von meiner Zeit bei den Maori in Neuseeland zu deuten. Ich blicke in den sternenklaren Himmel und seufze: Bald bin ich selbst wieder dort, im „Land Der Langen Weißen Wolke“ Aotearoa Neuseeland! Die Vorfreude ist groß, im Nu bin ich munter. Schließlich bin ich verabredet: Zum Stelldichein beim Sonnenaufgang vor den Moai! Lorena & Washington, meine neuen Freunde & Zimmernachbarn aus Santiago de Chile, haben für den heutigen Tag ein Auto gemietet und laden mich sehr gerne ein, ihnen zu folgen: „Wir treffen uns um 06.00 Uhr früh, liebe Elena. Laut Wettervorhersage ist der Sonnenaufgang kurz nach sieben Uhr früh – mit guten Aussichten für einen strahlenden Morgen!“
Als wir bei den am Vortag besichtigten, 15 stehenden Moai von Tongariki angekommen sind, sind zwar Wolken am Horizont, doch die frühmorgendliche Stille mit ihrem Frieden und ganz eigenem Zauber macht alles wieder wett.
Vom höchsten zum niedrigsten Punkt der Osterinsel: Pfeifende Vulkankrater & verwinkelte Höhlengänge regiert von absoluter Stille.
Gibt es sie wirklich, eine „absolute Stille„? Es gibt sie. Ich schwöre es Euch. Und schwöre gleichzeitig, so etwas noch nie erlebt zu haben. Es ist. Einfach. Absolut. Still. Hier. Keine zehn Meter unter der Erde, erblicke ich noch Licht durch ein Loch im Gestein und kann gleichzeitig den Wind nur mehr an den vorbeiziehenden Wolken deuten. Wow. Wisst Ihr, was man hört, wenn der ansonsten gewohnte Lärm, und sei es die liebliche Natur mit dem Rauschen des Windes und ihrem Gesang der Vögel, rund um einen völlig erlischt?
Auf der Osterinsel ist es möglich, angesichts absoluter Stille sich selbst zu lauschen. Sein eigenes, pulsierendes Herz und – das Summen seiner Gedankenmaschine! Noch nie zuvor habe ich mich Kraft meiner selbst so intensiv lebendig gefühlt wie hier.
Der Abend steht ganz im Sinne dessen, was ich normalerweise meide: Tera’ai Dinner & Show – also alles andere als eine echte, ehrliche Kulturerfahrung auf der Osterinsel?
Ja und nein. Nach meinem Erlebnis kann ich Euch beides bestätigen. Sicher weisen die Einzelgespräche mit der einheimischen Bevölkerung die ich hier führe einen höheren Grad an Authentizität und unmittelbarer Kulturvermittlung auf, doch das Bemühen der Menschen an diesem Abend ist ebenso gefühlt und betont. Kia, der Redelsführer der Tänzer, Sänger, Köche & Musiker die wir an diesem Abend im Kulturzentrum Tera’ai treffen, spricht offen und ehrlich: „Was wir Euch heute hier geben können, ist Zeit. Zeit, die Ihr Euch nehmt hierher zu kommen und die es uns seit nunmehr zehn Jahren ermöglicht, unsere Kultur in Form traditioneller Erdöfen, Tänze & Gesang zu (er)leben. Mein siebenjähriger Sohn hier tut am liebsten nichts anderes, als neue traditionelle Rhythmen & Tänze zu erlernen. Er ist sehr motiviert durch das, was Ihr, unsere Gäste, uns hier an Interesse vermittelt und entgegen bringt.“
Sicher bewegen wir uns hier in einem Umfeld der Kommerzialisierung traditioneller Kulturformen der Rapa Nui. Sicher ist nicht immer alles Eitel Wonne. Doch eines muss man sagen: Gefühl, Vermittlung & Ehrlichkeit in den Erklärungen kann ich in jedem Fall meinen Respekt abringen. Und schließlich werde ich bei der Einladung zum Tanz sogar selbst wieder ein wenig zur „Kreativ-Reisenden“, die ich es wie Ihr wisst ja am liebsten bin – einfach mittendrin statt nur dabei …! 😀
Noch mehr Zauber von der Osterinsel findet Ihr beim Anblick dieser Fotogalerie bei Flickr:
Darüber hinaus habe ich noch weitere Reisetipps & Geschichten zur Osterinsel veröffentlicht:
- Tagebuch einer Südseereise: „Von sinnlichen Sandstränden & mystischen Moai-Meditationen auf der Osterinsel„
- Tagebuch einer Südseereise: „Geschichte & Gegenwart der Rapa Nui„
- Tagebuch einer Südseereise: „Ankunft & atemberaubende Festspielmagie auf der Osterinsel„
Viel Vergnügen beim Lesen & Genießen!